Während meiner Zeit in Tansania habe ich erkannt, dass vieles von dem, was wir in der westlichen Welt als selbstverständlich erachten, für die Menschen dort das größte Geschenk wäre. Das Leben in Tansania ist nämlich von ganz anderen Herausforderungen geprägt als bei uns. Doch trotz aller Schwierigkeiten strahlen viele Menschen hier eine beeindruckende Lebensfreude und Energie aus. Besonders die Offenheit, Herzlichkeit und das Miteinander haben mich tief beeindruckt. Die Begegnungen und Erlebnisse haben mir nochmals mehr gezeigt, dass wahres Glück und Zufriedenheit nicht von materiellen Dingen abhängen, sondern von der Fähigkeit, das Leben in seiner Einfachheit zu genießen und die Beziehungen zu den Menschen um uns herum zu schätzen. Diese wertvolle Lektion möchte ich für immer in meinem Herzen tragen.
Während meiner Zeit in Tansania habe ich erkannt, dass vieles von dem, was wir in unserer westlichen Welt als selbstverständlich erachten, für die Menschen dort das größte Geschenk wäre. Wir dürfen uns mit Fragen beschäftigen, wie wir unsere Lebensqualität optimieren: Beispielsweise wie wir besser schlafen und uns ernähren können, wie wir bessere Beziehungen führen können oder wie wir unsere Ziele und Wünsche am besten verwirklichen können. Diese Luxusprobleme stehen im starken Kontrast zu den Herausforderungen, denen die Menschen in Tansania täglich begegnen.
Der morgendliche Kaffee, eine Yogaeinheit und ein barfüßiger Spaziergang auf einer grünen Wiese – all diese kleinen Freuden können bei uns ohne Probleme Teil von unserem Alltag sein. Wir haben die Freiheit, unser Leben selbst zu gestalten, zu entscheiden, wen wir lieben und heiraten, und mit wem wir unser Leben verbringen möchten.
In Tansania hingegen sieht das Leben und der Start in den Tag ganz anders aus. Ich möchte meine Wahrnehmung von einem typischen Tag mit euch teilen: 04:30 Uhr und ich werde geweckt. Der Wecker? Ein Hahn, dessen Einsatzfreude mich überrascht hat. Ich wusste nicht, dass Hähne so fleißig sein können. Hier in Tansania erklingen die ersten Rufe schon früh am Morgen und begleiten einen bis in den Abend hinein.
Da ich für den ungewohnten Arbeitsalltag ausgeschlafen sein sollte, bleibe ich noch etwas im Bett. Mit geschlossenen Augen versuche ich, wieder in den Schlaf zu finden – vergeblich. Es dauert nicht lange, bis der nächste Störfaktor auftaucht. Sssss... ertönt es in meinen Ohren und das Geräusch kommt immer näher. Ich reiße die Augen auf und springe aus dem Bett. Licht an und die Jagd nach den Mücken beginnt. Manchmal habe ich Glück, manchmal aber auch nicht. In beiden Fällen ende ich irgendwann wieder im Bett und versuche erneut, einzuschlafen. Als es endlich spät genug ist, um aufzustehen, begebe ich mich ins Bad. Ich bin so dankbar, hier ein richtiges Kloh und sogar eine eigene Dusche zu besitzen. Doch leider sieht es mit dem Wasser nicht ganz so gut aus. Ob der Wasserhahn heute etwas von sich gibt? Nein, auch heute nicht. Also greife ich zur Trinkflasche und säubere mein Gesicht mit dem kühlen Wasser. Mit immer noch fettigen Haaren mache ich mich auf den Weg zum Speisesaal, wo die Klosterfrauen bereits das Frühstück für mich vorbereitet haben.
Heute erwarten mich fettige Eieromeletten, die ich mir zu Hause so nie zubereiten würde. Doch hier schätze ich jede einzelne Mahlzeit, auch wenn die Zutaten nicht immer meinem gewohnten Geschmack entsprechen. Es ist nicht immer das beste Essen, das zählt, sondern die Art und Weise, wie es für einen zubereitet wird – mit Herz und Liebe.
Schwester Franziska setzt sich zu mir und erfreut sich meiner Gesellschaft. Hier verbringen die Einwohner generell sehr gerne Zeit mit den hellhäutigen Europäern. Besonders die Kinder begrüßen mich am Morgen mit einem fröhlichen „Ciao! Come stai?“ – wie gut sie diese Worte auf Italienisch aussprechen können!
Bei der Arbeit treffe ich Chutima, die einzige Physiotherapeutin des Krankenhauses, beim täglichen Gebet auf dem Boden an. Danach verbringt sie meistens viel Zeit mit ihrem Handy. Obwohl hier große Armut herrscht besitzt fast jeder ein Handy. Ich warte hingegen schon ungeduldig auf die ersten Patienten. Zum Glück kann mir Chutima die Nationalsprache Swahili ins Englische übersetzen. Die Zusammenarbeit mit ihr macht viel Spaß, und sie ist offen für alles, was ich ihr zeige. Im Gegenzug bin auch ich offen für alles, was ich hier lernen darf. So bereite ich meine Eier nun im Wasserkocher zu, und Patienten werden mit einem freundlichen „Habari“ empfangen.
Ich bin beeindruckt von der schnellen Besserung der Patienten. Beispielsweise behandelte ich eine Patientin mit starken Rücken- und Knieschmerzen, und beim nächsten Besuch berichtete sie nur noch von leichten Rückenschmerzen. Als ich nach dem Zustand ihrer Knie fragte, winkte sie lächelnd ab und meinte, es gehe ihr gut, nur ein wenig Rückenschmerzen habe sie noch. Ich erzählte Chutima von meiner Verwunderung über die rasche Besserung der Symptome vieler Patienten hier. Sie erklärte mir, dass in ihrem Land Menschen nur dann zum Arzt gehen, wenn sie wirklich sehr starke Schmerzen haben, und eine schnelle Verbesserung nach der Behandlung daher keine Seltenheit ist. Viele wissen hier nicht einmal, dass es die Möglichkeit der Physiotherapie gibt.
Auch die Beschwerdebilder sind hier ganz anders als in Südtirol. Die meisten Patienten kommen mit stark eingeschränkter Beweglichkeit verschiedener Gelenke nach Verletzungen oder Operationen. Einige sind extrem geschwächt, zum Beispiel durch Tuberkulose. Andere haben nach einem Schlaganfall mit einer Halbseitenlähmung zu kämpfen. Prothesen sieht man hier hingegen wesentlich seltener als bei uns. Heute zum Beispiel fragte Chutima während der Behandlung einer Patientin mit Hüftprothese, was das sei, da sie so etwas noch nie therapiert hatte. Sie suchte es dann online und las erstaunt vor, dass ein Metallstück in den Oberschenkelknochen eingebaut wird. Ich konnte dabei nicht anders, als zu schmunzeln.
Dagegen sieht man hier häufig Verbrennungen, besonders bei Kindern. Wegen der Kälte am Abend werden oft Feuer angezündet, und es kommt nicht selten vor, dass Kinder zu nah herangehen und ihre Kleidung Feuer fängt. Erst gestern besuchten wir ein Kind, dessen Kleid Anfang Juni Feuer fing und große Teile der Oberschenkel, des Oberkörpers und der Arme verbrannte. Das arme Kind lag die ganze Zeit unter dem Bett, weil es ständig fror. Gestern hatte es nicht einmal Socken an, da das einzige Paar, das es besitzt, gewaschen wurde und noch trocknen musste.
Wenn um die Mittagszeit dann mal kein Patient vor der Behandlungstür wartet, geht es ab in die Mensa. Dort erwarten einen riesige Töpfe voller Reis und Fleisch! Die Mahlzeiten sind hier günstig; umgerechnet kostet eine Portion etwa ein bis zwei Euro. Ich genieße die Mittagspause immer sehr. Die Sonne scheint täglich, und auf den Stühlen im Freien kann man wunderbar neue Energie tanken. Auch die Mitarbeiter sind durchweg freundlich und offen. Besonders die Männer zeigen große Freude an den hellhäutigen Kollegen und fragen rasch nach Namen und Telefonnummer. Zum Glück habe ich eine Ausrede: Ich besitze hier keine eigene Nummer, sondern nur die, die ich von Chutima für die Dauer meines Aufenthalts erhalten habe.
Auch die Nachmittage vergehen hier wie im Flug. Wenn gerade kein Patient zur Behandlung erscheint, nutze ich die Zeit, um Chutima einige Dinge zu zeigen und gemeinsam mit ihr zu lernen. Ab und zu behandle ich sie auch wegen ihrer Nackenschmerzen. Chutima erzählte mir, dass sie bei Stress oder großer Müdigkeit häufig nur noch Elektrotherapie oder eine Wärmeflasche anwendet. In solchen Fällen dauert eine Behandlung manchmal nur 10 Minuten anstelle der üblichen 30 Minuten. Diese Vorgehensweise erstaunte mich sehr, und ich versuchte Chutima zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, jeden einzelnen Patienten ernst zu nehmen und eine umfassende Therapie zu bieten. Schließlich können die Patienten nichts dafür, wenn wir müde sind. Chutima entgegnete jedoch, dass sie sich bei dem Lohn, den sie hier erhält, keine besondere Mühe gibt.
Unsere Arbeit als Physiotherapeuten endet hier bereits gegen 15:30 Uhr, was genügend Zeit für einen gemütlichen Spaziergang in den weiten Feldern lässt. Die Sonne scheint gewöhnlich bis nach 17:00 Uhr – ideal, um sich in kurzer Kleidung etwas zu bräunen. Allerdings ist das hier nicht die beste Idee. Schnell wird man nicht nur freundlich gegrüßt, sondern auch intensiv beobachtet und aufdringlich angesprochen. Daher genieße ich meinen Feierabend lieber versteckt hinter einem Baum mit einem Buch in der Hand. So dachte ich es mir zumindest. Bald zeigte mir jedoch ein Vogel, dass es auch anders gehen kann. Ein dicker weißer Fleck landete auf meiner Schulter, der bald anfing, unangenehm zu riechen. Sofort machte ich mich auf den Weg zurück zur Unterkunft und hoffte, dass die Dusche ihren Dienst verrichten würde. Zum Glück tat sie das, und ich konnte meinen gesamten Oberkörper mit Wasser und Seife wieder sauber bekommen. Nun musste ich darüber schmunzeln. Es ist doch schön, wenn man keine größeren Probleme hat. Von draußen höre ich bereits die Schritte der Klosterfrau. Sie kam, um mir mitzuteilen, dass das Abendessen vorbereitet sei und ich eingeladen bin, mit ihr zu essen. Auch wenn es nicht das übliche Essen ist, das ich mir zu Hause vorbereiten würde, genieße ich die Gastfreundschaft und lasse mich auf die neue Esskultur ein. Im Grunde bin ich einfach froh, jeden Tag überhaupt etwas zu essen zu bekommen und gesund zu bleiben. Natürlich hat sich meine Verdauung durch die neue Ernährung ein wenig bemerkbar gemacht, aber größere Probleme oder Schmerzen habe ich glücklicherweise nicht.
Das größte Problem, das mich abends im Bett begleitet, sind nicht die stressigen Anforderungen oder der ständige Druck der westlichen Welt, sondern die Mücken, die hier in Tansania besonders zahlreich sind. Voller Hoffnung verkrieche ich mich unter der Decke und hoffe, dass mich diese unliebsamen Plagegeister beim Einschlafen nicht stören. Trotz Mückennetz und Insektenschutzmitteln bleibt es eine ständige Herausforderung, in den tropischen Nächten zur Ruhe zu kommen. Wie man sieht, ist das Leben in Tansania von ganz anderen Herausforderungen wie bei uns geprägt. Doch trotz aller Schwierigkeiten können auch die Menschen hier Lebensfreude und Energie ausstrahlen. Besonders die Offenheit und Herzlichkeit, das Miteinander und Füreinander haben mich tief beeindruckt. Die Begegnungen und Erlebnisse hier haben mir nochmals mehr gezeigt, dass wahres Glück und Zufriedenheit nicht von materiellen Dingen abhängen, sondern von der Fähigkeit, das Leben in seiner Einfachheit zu genießen und die Beziehungen zu den Menschen um uns herum zu schätzen. Diese wertvolle Lektion möchte ich für immer in meinem Herzen tragen.
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